Rückblick 2000-2021
  Aktuelles (2022)     Gästeliste     Rückblick 1981-1999     Die Schnecke in der Presse     Vorverkauf     Mitglied werden     Impressum     Datenschutz  
Veranstaltungen 2000
Veranstaltungen 2001
Veranstaltungen 2002
Veranstaltungen 2003
Veranstaltungen 2004
Veranstaltungen 2005
Diskussion mit Arno Lustiger
Lesung mit Wilhelm Genazino
Lesung mit Jacqueline van Maarsen
Kabarett mit Siggi Zimmerschied
Veranstaltungen 2006
Veranstaltungen 2007
Veranstaltungen 2008
Veranstaltungen 2009
Veranstaltungen 2010
Veranstaltungen 2011
Veranstaltungen 2012
Veranstaltungen 2013
Veranstaltungen 2014
Veranstaltungen 2015
Veranstaltungen 2016
Veranstaltungen 2017
Veranstaltungen 2018
Veranstaltungen 2019
Veranstaltungen 2020
Veranstaltungen 2021
Allgemein:
Startseite

Kabarettabend mit Siggi Zimmerschied
"Der Scheißhaussepp"
24.11.2005, 20.00 Uhr

Nahe Zeitung vom 26.11.2005
Auf der Suche nach Zimmer 411
"Scheißhaus-Sepp" Sigi Zimmerschied: Feinsinn trotzt Fäkalhumor


IDAR-OBERSTEIN. Die Besucher, noch in Erwartung eines vergnüglichen Abends, werden kurzerhand als Statisten zwangsrekrutiert. Nur langsam beginnt es den etwa 100 Kleinkunstfreunden im Idar-Obersteiner Stadttheater zu dämmern, welche Rolle der Typ in T-Shirt und zerbeulten Hosen spielt, der sich auf der Suche nach einem ominösen Zimmer 411 durch die Reihen drängelt...

Sigi Zimmerschied ist Josef Lana. Kein Schauspieler kann eindrucksvoller in einer Rolle aufgehen wie der Passauer Kabarettist in seinem aktuellen Programm als Scheißhaus-Sepp. Als Kleinunternehmer und Erbe einer einst florierenden öffentlichen Bedürfnisanstalt steckt er heute bis zum Hals in Schulden und muss in Amtsstuben um Steuerstundung und Gebührenerlass betteln.

Doch die Beamten entdecken Sepps wahres Talent, machen mit ihm einen Handel: Als Spaßmacher soll er auf den Behördenfluren die Wartenden unterhalten. Für Pointen gibt"s Punkte, für 120 Punkte das ersehnte Antragsformular. Ein roter Faden, aus dem Zimmerschied einen ganzen Kosmos und immer neue Nebenwelten strickt...

Von glorreichen Tagen, als Vater Lana sein anrüchiges Imperium gründete, bis in die Neuzeit, in der Bruder Klausi handsignierte Mahnbescheide auf dem Flohmarkt verhökert und Jugendliebe Susi versucht, die vom Aussterben bedrohte Tibetanische Steinmaus zu retten, reichen die Geschichten. Abschweifungen in die bayerische Landespolitik und den Vatikanstaat inklusive.

Schlaglichtartig werden ein halbes Jahrhundert deutscher Sozialpolitik und Gesellschaft beleuchtet, Hartz IV und Erwin Huber mit seiner bajuwarischen Leitkultur angeprangert, endlos zwischen Urinal und Kloschüssel philosophiert.

Als Josef Lana heischt Zimmerschied nach (Punkte bringenden) Pointen, als Kabarettist geht er geradezu verschwenderisch mit Wortwitz um, überhäuft sein Publikum mit beinharten Sprüchen und atemberaubenden Gedankengängen. Lässt darum letztlich auch verschmerzen, dass der eine oder andere Satz mit allzu viel alpenländischem Idiom auf Unverständnis stößt oder im Redeschwall untergeht.

Der Bayer mag`s deftig: Zimmerschied scheut sich nicht vor Fäkalhumor, denn er beweist Feinsinn auf andere Weise. In Mimik und Körpersprache beispielsweise beeindruckt 52-Jährige wie kein zweiter seines Genres. Rastlos tigert er zwischen dem Tischchen mit seinem Manuskript und dem rücklings aufgestellten Stuhl auf der anderen Bühnenseite, springt, schreitet, kriecht auf Knien ("Amtsleiter mögen die Haltung"), triumphiert endlich als "Amtskomiker mit Lachfaktor 120" und hält dieses Rollenspiel bis zur letzten Zugabe durch. Das Idar-Obersteiner Publikum applaudiert lange, freundlich und, fast glaubt man"s zu hören, nachdenklich. Klaus-Peter Müller